Künstler-Unternehmens-Kooperationen sind gefragt

Immer mehr Unternehmen überlegen, wie sie mithilfe von Künstler-Kooperationen in einer immer schneller werdenden, global konkurrierenden Geschäftswelt, ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken können, erklärt Prof. Carsten Baumgarth von der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin. Er konstatiert aufseiten der Unternehmen ein zunehmend „großes Bedürfnis“ für solche Kooperationen.

In einem fundierten und spannenden Vortrag in der Galerie Vinogradov skizzierte Prof. Baumgarth den Stand der Dinge im Bereich der Künstler-Unternehmen-Kooperationen (KUK), einem – wie sich in der anschließenden Diskussionsrunde zeigen sollte – für Künstler, aber auch für interessierte Unternehmen heiklen Thema. Stichwort: Künstlerische Freiheit versus Unternehmensinteressen.

Vorteile von Künstler-Kooperationen für Unternehmen

Prof. Baumgarth ist ausgewiesener Experte in diesem Bereich. Seit zehn Jahren erforscht und analysiert er Hintergründe und Tiefenstrukturen der verschiedensten Konstellationen, in denen Künstler und Unternehmen in Kontakt treten. Sein Fokus liegt dabei nicht auf der klassischen Situation, bei der ein Unternehmer/Mäzen Kunst kauft, beziehungsweise in Auftrag gibt, sondern in dem Feld, in dem „wirkliche Kooperation“, echter Austausch und Zusammenarbeit auf Augenhöhe stattfinden.

Für die Unternehmen liegen die Vorteile von Künstler-Kooperationen auf der Hand, erklärt Prof. Baumgarth. Kunst kann Mitarbeiter motivieren und kreative Prozesse anstoßen, die flexibleres Denken und Arbeiten befördern (Stichworte hier: „Start-Up-Geist“ oder die „Creative Labs“ von Unternehmen). Zudem hat Kunst nachgewiesen eine fast medizinische Wirkung, indem sie hilft, Stress zu reduzieren.

 

Die Grenze zwischen künstlerischer Freiheit und Arbeit um des Geldes willen

Bezüglich der Außenwirkung von Unternehmen haben Künstler-Kooperationen den nicht zu unterschätzenden Effekt, ein „allgemein gutes Bild des Unternehmes in der Gesellschaft“ zu erzeugen (Stichworte „Goodwill“ und „Verbesserung der Reputation“) und positiv auf den Markenwert des Unternehmens zu wirken.

Von der Raumgestaltung in Unternehmen, dem Megatrend „New Work“, Ausbildungskonzepten wie beispielsweise bei der Drogeriemarktkette dm, die schon seit vielen Jahren ihre Mitarbeiter zur Erlangung besserer Sprach- und Interaktionskompetenz Theaterworkshops besuchen lässt, bis hin zum „strategischen Leerstand“ in den Wilmersdorfer Arcaden, wo freigehaltene Ladenflächen von Künstlern bespielt werden, allein um sich von der schieren Masse der Shoppingzentren in der Haupstadt abzusetzen – die konkreten Beispiele für Künstler-Unternehmen-Kooperationen sind vielfältig.

Wo aber sollen Künstler die Grenze ziehen zwischen eigener künstlerischer Freiheit und einer Arbeit, nur um des Geldes willen? Wo hört Kunst auf und ab wann ist es nur noch „Business“, Auftragsarbeit und abhängige Beschäftigung? Dies waren die heiß diskutierten Fragen in der Diskussionsrunde nach dem Vortrag von Prof. Baumgarth. In Endeffekt wurde klar: es gibt keine pauschale Antwort. Jeder Künstler muss für sich selbst entscheiden, wie weit er gehen kann, ohne die eigene künstlerische Freiheit zu gefährden.

 

Intermediäre bauen Brücken zwischen Künstlern und Unternehmen

In der Diskussionsrunde kam auch der Begriff des „Intermediärs“ auf – Vermittler, die zum einen verstehen, „wie Unternehmen ticken“, andererseits auch in der Kunst beheimatet sind und so Kommunikationsbrücken zwischen beiden Welten aufbauen können. Für diese Intermediäre (bislang gibt hierfür weder Ausbildung noch Studiengang), die aus den verschiedensten Bereichen von Marketing bis Kunstgeschichte stammen können, plant Prof. Baumgarth, einen Verband aufzubauen.

Der Vortragsabend mit Prof. Baumgarth war eine Veranstaltung der Schule für Bildende Kunst und Gestaltung (SBKG) im Rahmen des LSK(Lokales Soziales Kapital)-Projektes Künstler-Unternehmen-Kooperation. Ein in Aussicht stehendes größeres, auf drei Jahre Laufzeit angelegtes Folgeprojekt im Rahmen des Programmes Partnerschaft-Entwicklung-Beschäftigung (PEB), an dem bis zu 60 Künstler aus allen Berliner Bezirken teilnehmen könnten, plant Prof. Baumgarth wissenschaftlich zu begleiten. Sollte das Projekt zustande kommen, so Prof. Baumgarth, wäre dies in Deutschland einzigartig und richtungsweisend.